Armin Staffler

THEATER ZUM LEBEN

THEATRE FOR LIVING unterstützt Gemeinwesen dabei, ihre Geschichten zu erzählen und  leistet mit einer systemischen Sichtweise themenorientierte und gemeinwesenbasierte Kulturarbeit. THEATRE FOR LIVING gilt weltweit als eines der besten Beispiele für Theaterarbeit für sozialen Wandel (Theatre for Social Change), für Theater in der Konflikttransformation, für heilsame Theaterarbeit in Gemeinwesen oder Gruppen und für Theater in kollektiven Empowermentprozessen.

(zit. nach www.theatreforliving.com, Übersetzung AS)

 

„Theater zeigt mir, dass jede Geschichte von jedem anderen auch meine Geschichte ist. Und dann ist mir nichts mehr fremd.“
(Jeanette Yaman-Rehm, nach einem Regenbogen der Wünsche in Götzis/Vorarlberg)


Das Theater zum Leben (engl. Theatre for Living) von David Diamond entwickelte sich direkt aus dem Theater der Unterdrückten nach Augusto Boal. Es dient dazu, Konflikte, Fragen, Schwierigkeiten und Herausforderungen in sozialen Gemeinwesen (Gemeinden, Stadtteilen, Schulen, Organisationen, Interessensgruppen, Initiativen, Gesellschaften, u.ä.) zu analysieren und zu bearbeiten. Dabei gleicht die Arbeit einem lebendigen und aktiven Forschungsprozess mit ästhetischen Mitteln. Das Theater bietet die Möglichkeit, die jeweilige Thematik anschaulich werden zu lassen und nach alternativen Handlungsoptionen zu suchen. In der Praxis eignet sich das Theater zum Leben, um an gemeinschaftlich relevanten Fragen zu arbeiten (Frieden, Gesundheit, Gewaltfreiheit, Ethik, Teamfähigkeit, Kommunikation, Ökologie, Dialogfähigkeit etc.). Auf Basis konkreter Erfahrungen werden gemeinsam kollektive und fiktive Geschichten entwickelt, die von der Wirklichkeit erzählen und die es uns ermöglichen,  zu Einsichten und Erkenntnissen zu gelangen, die in den Alltag mitgenommen werden können.
Die einzelnen Methoden aus dem Theater zum Leben mit denen ich arbeite sind: FORUMTHEATER, REGENBOGEN DER WÜNSCHE, WER SPRICHT DAFÜR? (Polizisten im Kopf) und UNSER KÜHNSTER TRAUM.

 

FORUMTHEATER

Im Forumtheater wird ausgehend von einer Szene, die erarbeitet und geprobt wurde, die Frage ans Publikum gerichtet, wie mögliche Alternativen zum gezeigten, schlecht endenden Verlauf aussehen könnten. Die Zuschauer*innen werden eingeladen, für einen Moment eine Figur aus dem Stück zu ersetzen, um so andere Handlungsoptionen zu erproben.
Um ein Forumtheater-Projekt zu realisieren, braucht es eine Gruppe von Freiwilligen mit Erfahrung zum jeweiligen Thema, die bereit ist, in einem Workshop- und Probenprozess die grundlegende Ausgangsszene zu entwicklen. Je nach Rahmenbedingungen veranschlage ich dafür mindestens 16 Stunden für eine kleine Szene mit einer einmaligen Aufführung (vgl. Forumtheater: Zivilcourage)  oder einen mehrteiligen, aufwändigen Prozess mit mehreren Vorstellungen (vgl. Forumtheater: Das ewige Spiel). Einmal gelang es, dass David Diamond ein PowerPlay (so nennt er ein Forumtheater-Projekt, das in einer Woche realsiert wird) in Tirol durchführen konnte: Asyl in Tirol. Weitere Beispiele von mir finden sich unter "Projekte". Aufwand, Format, Rahmbedingungen und Kosten richten sich dabei immer nach den Wünschen und Möglichkeiten der beteiligten Menschen und Gruppen.

 
einige Rückmeldungen:
 
Die Methode des Forumtheaters ermöglicht echte Partizipation! […] Beim Theaterspielen kann auch über nonverbalen Ausdruck von Emotionen das Geschehen mitgestaltet werden, die Teilnehmer/innen beteiligen sich als ganze Personen und nicht nur auf einer ausschließlich kognitiven Ebene. […] Diese Erfahrungen stärken Selbstbewusstsein und machen Mut!
(Klaus Springer über das Forumtheater-Projekt Mach mit! Es geht um uns!, Innsbruck, 2016)
 
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Professionalität! Ihre Arbeitsmethode hat mich sehr bewegt; wie weit sie sich auf Menschen einlassen (trauen und können), und sie diese dann auch behutsam in all ihrer Offenheit und Einschränkung weiterführen. Da steht nicht nur erlerntes Handwerk dahinter, sondern auch Mut und Persönlichkeit mit Liebe zum Menschen.
(Dr. Margaretha Hammerle über Mach mit! Es geht um uns!, Innsbruck 2016)
 
Ich hatte „per Zufall“ Gelegenheit am Montag, dem 16.3.2015, „Andorra anders“ (Forumtheater im Tiroler Landestheater, Anm.) beiwohnen können. Das war eine tolle Erfahrung: Ich war begeistert von der Leistung der SchauspielerInnen und der Professionalität und Empathie, mit der der Spielleiter auf die einzelnen Vorschläge aus dem Publikum eingegangen ist. Es erfordert dies sicher höchste Konzentration und ein besonderes Talent, zwei Stunden lang auf die verschiedenen Ansätze reagieren zu können. Gratulation und herzlichen Dank!
(Beatrix Steiner über Andorra anders am Tiroler Landestheater, 2014)

 

REGENBOGEN DER WÜNSCHE

Ein Regenbogen der Wünsche spannt sich zu Beginn zwischen 2 Figuren auf, die eine missglückte Begegnung improvisieren. Im Verlauf der Vorstellung werden die Wünsche, Anliegen, Bedürfnisse, Sehnsüchte, Ängste, Befürchtungen der Figuren - die einzelnen "Farben" im Regenbogen - sichtbar und treffen pars pro toto aufeinander, um nach gelingenderen Varianten einer Begegnung zu suchen. Eine oft angefragte Thematik für einen Regenbogen ist Othering ("VerAnderung"), wo in einer Begegnung das Gegenüber zum/zur Anderen gemacht wird. Beispiele: Wir und die Anderen (okay - zusammen leben), Begegnungen am Sterbebett (Hospiz-Bewegung), Sorgende Gemeinde;

 

WER SPRICHT DAFÜR? (aka Polizisten im Kopf)

Es gibt zahlreiche Stimmen, die dagegen sprechen, das eigene Verhalten zu verändern. Wir tun Dinge, die wir lassen sollten und wir tun Dinge nicht, die wir endlich tun sollten. In den Vorstellungen "Wer spricht dafür?" suchen wir nach Möglichkeiten, dafür zu sein - für mehr Solidarität, für klimafreundliches Verhalten, für ein friedlicheres Zusammenleben. Beispiel: Für Schöpfungsverantwortung;

 

UNSER KÜHNSTER TRAUM

Eine Gruppe von Menschen, ein Team oder eine Organisation "steht irgendwie an". Irgendwo ist der Wurm drin und jede*r hat so ihre/seine Vorstellung davon, was schief läuft und wie der Weg aus der Krise und ein "Paradies" aussieht. Genau darum geht in den kühnsten Träumen.

Mich hat diese Methode sehr fasziniert. Wir haben den ganzen Nachmittag das „Thema“ in unserem Team dargestellt, wir haben Fotos davon gemacht, nicht über unser Problem im Team gesprochen und trotzdem weiß ich jetzt genau, wo ich in diesem Konflikt stehe, was meine Anteile sind und was ich tun muss, damit sich die Situation bessert. Alles passierte ohne Verletzung anderer Personen, ohne Bloßstellung, ohne Tränen, wie ich es in vielen Supervisionen schon kennengelernt habe. Vielmehr hat es unheimlich Spaß gemacht! Eine lustvolle Begegnung mit nicht einfachen Themen. Ich bin beeindruckt. (Birgit Sieber-Mayr über Unser kühnster Traum, Lustenau, 2016)

 

weitere Gedanken:

Das Theater zum Leben (engl. Theatre for Living) von David Diamond (Vancouver, Kanada) entwickelte sich  - wie gesagt - direkt aus dem Theater der Unterdrückten nach Augusto Boal. Es fokussiert allerdings verstärkt auf die komplexen Zusammenhänge in sozialen, kulturellen oder geografischen Gemeinwesen (Gemeinden, Stadtteilen, Schulen, Organisationen, Interessensgruppen, Gesellschaften, …), um deren Konflikte, Schwierigkeiten und Herausforderungen auf Basis einer systemischen Sichtweise zu bearbeiten. Der theoretische Hintergrund im Theater zum Leben fußt auf einer systemischen Sicht auf die Welt, wonach jede Gemeinschaft auch ein Gemeinwesen – ein lebendiger Organismus – ist. Laut Boal ist das TdU das „Theater der 1. Person Plural und nicht der 1. Person Singular“. Das gilt umso mehr für das Theater zum Leben, wo es nicht mehr um die Frage nach Unterdrückten und Unterdrückern geht, sondern um einen ganzheitlichen Blick auf Konflikte und die Frage wie diese transformiert werden können.

Das Theater zum Leben (Forumtheater, Regenbogen der Wünsche, Polizisten im Kopf) erzählt erfundene Geschichten des Gemeinwesens („ fiction is likely to contain more truth than fact .“ Virginia Woolf), um diese interaktiv, im theatralen Dialog, zu behandeln und zu bearbeiten und daraus eine gesündere, friedlichere, heilsamere Geschichte entstehen zu lassen.

Das wichtigste Wort im Terminus Theater der Unterdrückten ist meiner Ansicht nach „der“. Nur wenn es von den Menschen kommt, den Expertinnen und Experten des Alltags, dann ist es auch „über“ sie und „für“ sie. Die von Augusto Boal gewählte Bezeichnung – in Anlehnung an Paulo Freires Pädagogik der Unterdrückten – zeigt mir und erinnert mich, woher die Arbeit kommt. David Diamonds Wahl Theater zum Leben zeigt mir wohin es gehen soll. Es ist NICHT „Theatre for Life“, sondern, wie David es schildert, die Kurzversion von „Theatre for living in healthier communities, oder … living in a more peaceful world“. Das führte zur Übersetzung „Theater um (in einem heilsameren Gemeinwesen oder einer friedlicheren Welt) zu leben“. Daraus wurde „Theater um zu leben“ und aus „um zu“ wurde „zum“. Und so wurde es „Theater zum Leben“ so wie „Luft zum Atmen“. Und mir gefällt der Gedanke, dass sich das Theater auf das Leben quasi zubewegt: Es führt das „Theater zum Leben“.

http://www.theatreforliving.com

s. auch das gleichnamige Buch „Theater zum Leben – Über die Kunst und die Wissenschaft des Dialogs in Gemeinwesen“ (ibidem-Verlag, 2013)  (s. Rubrik „Publikationen“)
Bestellung beim Verlag

 

weitere Rückmeldungen

Es ist mir ein Anliegen, Dir Folgendes mitzuteilen: Das Theater war toll. Du hast das so souverän und lebendig und weise geleitet. Die Botschaft ist sehr gut rüber gekommen und es hat total Spaß gemacht. Echt ein Erlebnis, Danke dafür.
Auf jeden Fall weiterhin alles Gute. Weiter so. Sehr, sehr wertvoll, was Du der Welt gibst. (Andrea Weber über Zivilcourage – üben und leben)

 

Armin Staffler versteht es super, aus dem Moment die Superlative herauszuholen und alle aufzurütteln. Die Worte „Begegnung“, „Berührung“ und „Bewegung“ werden mich noch lange begleiten und zum Nachdenken anregen. So klar, so treffend. Armin Staffler war sehr beeindruckend in seinen Anregungen und in der Arbeit mit unseren Erfahrungen.
(Rückmeldung über die Arbeit mit Ehrenamtlichen in der Hospizbewegung Tirol, 2015)  

 

For me, the course of Theatre for Living by Armin Staffler was creating greater understanding and clarity. The most important and amazing thing was the theatre which we did, and the roles which we played, it gave us a chance to test the practical side of peace studies, without accumulating words and theories in our head. It was about practicing and enjoying the journey of transformation process by our own. (Khulud Tamer, BA; Syria über Theatre for Living im Rahmen des Master in Peace Program’s in Basel/Schweiz)

 

Bereits beim Auswählen der „Geschichten“ entschieden wir – noch als Publikum – uns für jene Erzählung, die jeder Einzelne mit sich selbst gefühlsmäßig in Verbindung brachte. Die Darsteller sind zwar in eine „fremde“ Geschichte eingestiegen, aber sie haben sich selbst eingebracht, sowohl mit dem aus ihrer Sicht fehlenden Teil, als auch mit ihrer doch ganz persönlichen Art und Weise mit einer Situation umzugehen. Als Du die Szene langsam zum Leben erwachen liesest, wurde der Ausdruck der einzelnen Charaktere für mich noch deutlicher sichtbar.
Interessant empfand ich die Wortmeldungen zum Schluss, wo sich Menschen „irgendwie freier fühlten“, als ob sie einen Bereich in ihrem tatsächlichen Leben besser verstanden, besser verarbeitet hätten. Durch verschiedene Darstellungen, die so vorher noch nicht überlegt, so noch nicht gesehen wurden, konnte man – nach eigenen Aussagen – mit dem Erlebten jetzt besser umgehen! Den gesamten Abend unter Deiner Leitung sehe ich als ein philosophisches Lernabenteuer, eine Chance im Spiel über sich selbst und sein Umfeld bewußter wahrnehmend zu agieren! Es war lebensnahes, lebendiges Theater!
(Johannes Hauer über Wir und die Anderen)